Der kompromisslose SLA-Workflow

Autor: Steffen Binsch
am 13.09.2025 aktualisiert
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Lesezeit ca. 11 Minuten
Das Bild zeigt einen SLA Drucker bei dem erstellen eines Bauteils.

So entstehen Prototypen in Serienqualität

Sie haben es geschafft: Das digitale Modell für Ihr neues Bauteil ist im CAD-Programm perfektioniert. Jede Bohrung sitzt, jede Fläche ist definiert. Doch wie verwandelt sich diese digitale Perfektion nun in ein physisches, hochpräzises Bauteil, das Sie in den Händen halten können? Viele stellen sich den 3D-Druck als eine Art "Black Box" vor, in die man vorne eine Datei hineingibt und hinten wie von Zauberhand ein fertiges Teil herauskommt.

Die Realität im industriellen Umfeld ist professioneller und – was noch wichtiger ist – weitaus kontrollierbarer. Der Weg vom digitalen Zwilling zum physischen Produkt folgt einem klar definierten, beherrschbaren Prozess: dem SLA-Workflow. Ihn zu verstehen, bedeutet nicht nur, bessere Ergebnisse zu erzielen, sondern auch das volle Potenzial der Technologie für Ihr Unternehmen zu erschließen.

In diesem Beitrag führen wir Sie Schritt für Schritt durch den gesamten Stereolithografie-Prozess und zeigen Ihnen, warum jeder einzelne Schritt entscheidend für die Qualität des Endprodukts ist.

Die Grundlage für alles: Das digitale 3D-Modell (CAD)

Jeder physische 3D-Druck beginnt als digitale Datei. Die Qualität dieser Datei, meist im STL- oder STEP-Format, ist das Fundament für den gesamten weiteren Prozess. Ein industrieller 3D-Drucker kann nur das präzise fertigen, was ihm ebenso präzise digital vorgegeben wird.

VoxelDance - 3D Modell

Was bedeutet das konkret? Das CAD-Modell muss "wasserdicht" (engl. "watertight") sein, also eine vollständig geschlossene Oberfläche ohne Löcher oder überlappende Flächen aufweisen. Moderne CAD-Programme stellen dies in der Regel sicher, doch eine Überprüfung vor dem Export ist ein entscheidender erster Qualitätssicherungsschritt. Denken Sie daran: Der Drucker kann Konstruktionsfehler nicht korrigieren, er würde sie exakt reproduzieren.

Schritt 1: Die Druckvorbereitung (Slicing) – Wo die eigentliche Magie beginnt

Hier findet die eigentliche "Übersetzung" vom 3D-Modell in druckbare Anweisungen statt. Dies geschieht in einer speziellen Slicer-Software. Wie der Name schon sagt, "zerschneidet" (to slice) die Software das 3D-Modell in hunderte oder tausende hauchdünne, horizontale Schichten.

Doch das Slicing ist weit mehr als nur ein technischer Zwischenschritt. Hier werden entscheidende Parameter festgelegt, die einen direkten Einfluss auf Druckzeit, Materialverbrauch und die finale Bauteilqualität haben:

  • Ausrichtung des Bauteils: Wie wird das Teil auf der Bauplattform positioniert? Die Ausrichtung beeinflusst nicht nur die Oberflächenqualität an sichtbaren Flächen, sondern auch die mechanische Stabilität und die benötigte Menge an Stützmaterial.
  • Stützstrukturen (Supports): Überhänge und freischwebende Elemente benötigen eine temporäre Stütze während des Drucks. Die Slicer-Software generiert diese filigranen Strukturen automatisch. Ein erfahrener Anwender platziert sie jedoch manuell, um Kontaktpunkte an unkritischen Stellen zu positionieren und die spätere Entfernung zu erleichtern.
  • Schichtdicke: Eine geringere Schichtdicke (z. B. 25 Mikrometer) führt zu feineren Details und glatteren Oberflächen, verlängert aber die Druckzeit. Eine höhere Schichtdicke (z. B. 100 Mikrometer) beschleunigt den Druck und ist ideal für größere, weniger detaillierte Bauteile.

Zusammengefasst kann gesagt werden: Die Expertise in der Druckvorbereitung entscheidet darüber, ob Sie nur ein gutes oder ein perfektes Ergebnis erzielen.

Schritt 2: Der Druckprozess – Präzision Schicht für Schicht

Nachdem der Slicer die Druckdatei (den G-Code) erstellt hat, wird diese an den SLA-Drucker gesendet. Nun beginnt der eigentliche, faszinierende Prozess der Photopolymerisation.

SLA Druckprozess

Die Bauplattform senkt sich in ein mit flüssigem Kunstharz (Resin) gefülltes Becken, bis nur noch ein hauchdünner Spalt zwischen Plattform und Beckenboden verbleibt. Ein hochpräziser UV-Laser zeichnet nun die erste vom Slicer berechnete Schicht des Bauteils auf den transparenten Beckenboden und härtet das Harz exakt an diesen Stellen aus. Anschließend hebt sich die Plattform um eine Schichtdicke an, frisches Harz fließt nach, und der Prozess wiederholt sich für die nächste Schicht. Dieser Vorgang läuft so lange, bis das gesamte Bauteil Schicht für Schicht aufgebaut ist – oft leise und geruchsarm über mehrere Stunden.

Schritt 3: Das Waschen – Ein entscheidender Schritt zur perfekten Oberfläche

Wenn der Druck beendet ist, wird die Bauplattform mit dem frisch gedruckten Bauteil aus dem Drucker entnommen. Das Teil ist noch von einer klebrigen Schicht aus nicht ausgehärtetem Harz umgeben. Diese muss vollständig entfernt werden, um eine perfekte Oberfläche zu gewährleisten und den nachfolgenden Härteprozess nicht zu beeinträchtigen.

Dieser Reinigungsschritt erfolgt in der Regel in einem Bad aus Isopropanol (IPA) oder einem alternativen Lösungsmittel.

  • Manuelles Waschen: Das Bauteil wird in Behältern mit IPA geschwenkt. Dies ist eine kostengünstige, aber weniger prozesssichere Methode.
  • Automatisierte Waschstationen: Diese Systeme zirkulieren das Lösungsmittel um das Bauteil und sorgen für eine gleichmäßige und gründliche Reinigung in kurzer Zeit. Dies ist der Industriestandard für reproduzierbare Ergebnisse.

Nach dem Waschvorgang muss das Bauteil vollständig trocknen, bevor der nächste und letzte entscheidende Schritt folgt.

Schritt 4: Das Nachhärten (UV-Curing) – Vom Modell zum Hochleistungsbauteil

Ein frisch gewaschenes SLA-Teil ist zwar fest, hat aber noch nicht seine finalen mechanischen Eigenschaften erreicht. Es befindet sich in einem sogenannten "grünen" Zustand. Um die volle Festigkeit, Härte und Temperaturbeständigkeit des Materials zu aktivieren, ist eine finale Aushärtung mit UV-Licht und oft auch Wärme erforderlich.

Dieser Prozess wird als UV-Curing bezeichnet und findet in einer speziellen Härtekammer (Curing Station) statt. Die Kammer bestrahlt das Bauteil von allen Seiten mit UV-Licht einer bestimmten Wellenlänge, wodurch die Polymerketten im Harz vollständig vernetzt werden. Erst nach diesem Schritt verwandelt sich der Prototyp in ein voll funktionsfähiges, belastbares Hochleistungsbauteil, das für anspruchsvolle Tests oder sogar für den Endverbrauch geeignet ist.

Schritt 5: Das Finishing – Der letzte Schliff zur Perfektion

Der letzte Schritt im Workflow ist die manuelle Nachbearbeitung. Hier werden die zuvor im Slicer geplanten Stützstrukturen vorsichtig vom Bauteil entfernt. Dank der feinen Kontaktpunkte bei SLA-Drucken lassen sich diese meist leicht abbrechen oder mit einem Seitenschneider abtrennen und hinterlassen nur winzige Spuren.

Je nach Anforderung können diese Kontaktpunkte anschließend noch fein verschliffen werden. Optionale weitere Schritte im Finishing können sein:

  • Nassschleifen und Polieren für glasklare, transparente Bauteile
  • Grundieren und Lackieren für eine spezifische Farbgebung oder Oberflächenbeschaffenheit
  • Das Einsetzen von Gewindeeinsätzen für mechanische Verbindungen

Der SLA-Workflow in der Übersicht

Phase Ziel Wichtige Parameter / Werkzeuge Ergebnis
1. CAD-Erstellung Erstellung eines fehlerfreien, digitalen 3D-Modells CAD-Software, „wasserdichte“ Geometrie Exportfähige STL-/STEP-Datei
2. Slicing Übersetzung des Modells in druckbare Schichten Slicer-Software, Schichtdicke, Ausrichtung, Supports Druckfertige G-Code-Datei
3. Druckprozess Schichtweiser Aufbau des physischen Bauteils SLA-3D-Drucker, UV-Laser, Resin „Grünes“ Bauteil mit Stützstrukturen
4. Waschen Entfernung von überschüssigem Harz Isopropanol (IPA), Waschstation Sauberes, aber noch nicht voll ausgehärtetes Teil
5. UV-Curing Aushärtung zur Erreichung finaler Materialeigenschaften UV-Härtekammer (Curing Station) Festes, belastbares Hochleistungs­bauteil
6. Finishing Entfernung der Stützstrukturen & Oberflächen­behandlung Seitenschneider, Schleifpapier, Polierwerkzeuge Gebrauchsfertiges Endprodukt

Fazit: Ein beherrschbarer Prozess für herausragende Ergebnisse

Der SLA-Workflow mag auf den ersten Blick aus vielen Schritten bestehen, doch in der Praxis ist er ein hochgradig standardisierter und prozesssicherer Ablauf. Moderne Systemlösungen, bei denen Drucker, Wasch- und Härtestation aufeinander abgestimmt sind, minimieren den manuellen Aufwand und garantieren wiederholbare, industrielle Qualität.

Die Kenntnis des gesamten Prozesses gibt Ihnen die volle Kontrolle über das Endergebnis. Sie können bewusst Entscheidungen treffen, um die Bauteileigenschaften exakt auf Ihre Anforderungen abzustimmen. So wird der 3D-Druck von einer "Black Box" zu einem transparenten und leistungsstarken Werkzeug in Ihrer Produktentwicklung.

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Steffen Binsch

Gründer der EQUIPP3D GmbH

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